Mehr Licht ins Leben der Fische bringen

Der «Seespiegel» stellt Menschen vor, die am großangelegten Forschungsprogramm «SeeWandel» beteiligt sind. Die IGKB hat das Projekt mitentwickelt und gefördert. Diese Folge der kleinen Serie zeigt die Arbeit des Fischereiexperten Steffen Bader.

Mehr Licht ins Leben der Fische bringen

Der «Seespiegel» stellt Menschen vor, die am großangelegten Forschungsprogramm «SeeWandel» beteiligt sind. Die IGKB hat das Projekt mitentwickelt und gefördert. Diese Folge der kleinen Serie zeigt die Arbeit des Fischereiexperten Steffen Bader.

Welche Fischarten leben eigentlich im Bodensee? Und welche von ihnen sind dominant? Das sind die Fragen, mit denen sich Steffen Bader von der Fischereiforschungsstelle Langenargen beschäftigt. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im «SeeWandel»-Projekt «Entwicklung und Anwendung von Methoden zur Erfassung der Fischfauna in großen und tiefen Seen». Dieses Forschungsvorhaben verfolgt ein doppeltes Ziel: Einerseits zeigt es auf, wie ein künftiges Monitoring der Fischfauna im Bodensee funktionieren soll. Und andrerseits achtet es dabei auf möglichst schonende Befischungsmethoden.

Steffen Bader – lässiges Baseball Cap, prominenter Schnurrbart – interessierte sich bereits in einem Alter für Gewässer, in dem andere Jungs nur Fußball im Kopf haben. «Ich habe im Garten meiner Eltern einen Teich gegraben und ein kleines Feuchtbiotop angelegt», erzählt er, «da war ich etwa acht.» Aufgewachsen ist der heutige Fischereiexperte nicht weit vom Bodensee entfernt in Ravensburg. Zum Studium zog es ihn nordwärts. In Stuttgart und Berlin studierte er Agrarwissenschaft, und schließlich machte er einen Masterabschluss in Fish Biology, Fisheries and Aquaculture an der Humboldt-Universität in Berlin. Danach arbeitete er unter anderem am Wehr Geesthacht bei Hamburg. Seine Aufgabe: Das Monitoring der größten Fischtreppe Europas.

„Mit acht habe ich im Garten meiner Eltern ein Feucht­biotop angelegt.“

Seit Anfang 2020 ist Steffen Bader wieder zurück am Bodensee und Teil des «SeeWandel»-Projektteams in Langenargen. «Ich werte vor allem Daten aus, die in großangelegten Befischungen gesammelt wurden, noch bevor ich zum Projekt stieß», erzählt er, «da dreht sich viel um anspruchsvolle Statistik.» Ein Monitoring der Fischbestände braucht es nicht zuletzt der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie wegen. Sie schreibt vor, dass sich bis 2027 alle Gewässer in einem «guten ökologischen Zustand» befinden müssen.

Was das genau bedeutet, ist bei Fließgewässern weitgehend klar, doch bei den Seen müssen erst noch Bewertungsmethoden für den ökologischen Zustand festgelegt werden. Genau damit befasst sich Steffen Bader – nicht nur für den Bodensee übrigens, sondern für alle größeren Seen in Baden-Württemberg.

Im Bodensee war bisher wenig darüber bekannt, wie sich die unterschiedlichen Fischpopulationen entwickeln. Zwar lieferten die Berufsfischer regelmäßig Fangzahlen ab – aber nur für kommerziell interessante Arten wie Barsch, Felchen und Seesaibling. Im Obersee leben jedoch mindestens 30 verschiedene Arten. Um mehr über die gesamte Fischgemeinschaft zu erfahren, wurden 2014 und 2019 umfangreiche Befischungen mit dem Ziel durchgeführt, den derzeitigen ­fischökologischen Zustand zu bewerten und ein künftiges standardisiertes Monitoring zu etablieren.

Dabei wurden teilweise erstaunliche Populationsschwankungen innerhalb einzelner Arten festgestellt: Beispielsweise hatte sich 2014 zur allgemeinen Überraschung herausgestellt, dass der Dreistachlige Stichling die dominierende Art des Freiwassers ist. Mehr als 90 Prozent der gefangenen Fische waren Stichlinge. 2019 hingegen war dieser Wert auf 56 Prozent gesunken.

„Mir ist wichtig, dass Forschungs­ergebnisse im Umweltschutz angewendet werden können.“

Weshalb es beim Verhältnis der Arten untereinander zu solchen Schwankungen kommt, ist nicht klar. Es gibt dazu erst Hypothesen. «Wie sich das weiterentwickelt, wird erst die nächste Befischung zeigen», erklärt Steffen Bader.

Idealerweise sollten solche Kampagnen alle fünf Jahre stattfinden, dann ließe sich die Veränderungen wirklich über die Zeit nachverfolgen. Doch das Monitoring ist aufwändig. Bei der Befischung 2019 wurden in Ober- und Untersee insgesamt 509 Netze in unterschiedlichen Habitaten und Tiefenzonen ausgelegt.

Steffen Bader ist momentan nur noch während der Mittagspause am See anzutreffen. Die meiste Zeit verbringt er am Computer. Doch so oder so ist für den Naturfreund und passionierten Forscher eines zentral: «Mir ist wichtig, dass die Ergebnisse meiner Forschung schließlich im Umweltschutz angewendet werden können.»

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