Christine Schranz, welchen Stellenwert hat das Monitoring des Bodensees im Bereich Makrophyten?
Mit dem Begriff Makrophyten werden Wasserpflanzen bezeichnet, die im Wasser wurzeln und aus dem Wasser auftauchen oder auch untergetaucht leben. Man findet sie besonders in Ufernähe. Die Bedeutung der Makrophyten ist groß, da sie ein wichtiges Bindeglied in der Ökologie eines Sees sind, nicht zuletzt, weil sie Schutzräume für andere Gruppen von Organismen bilden.
Was muss man sich unter solchen Schutzräumen vorstellen?
Zum Beispiel Bereiche, in denen sich Wasservögel zurückziehen und nisten können.
Weshalb sind Makrophyten für den Bodensee sonst noch wichtig?
Die untergetauchten Pflanzen spielen eine wichtige Rolle am Seeboden, den sie durch ihre Wurzeln zusammenhalten und vor der Energie der Wellen schützen. Die Wurzeln bilden zudem einen Schutzraum für Jungfische und für Wirbellose. Kommt dazu, dass die Makrophyten Sauerstoff produzieren und damit die Uferzone versorgen.
Welche Rolle spielen die Makrophyten beim Monitoring des Sees?
Jede Organismengruppe ist für den See und damit auch für dessen Monitoring gleich wichtig. Was zählt, ist die Wechselwirkung zwischen diesen Gruppen. Alles hängt mit allem zusammen, und die Makrophyten sind ein wichtiger Bestandteil dieses Geflechts.
Könnten Sie ein Beispiel für dieses Zusammenspiel nennen?
Makrophyten bilden auch einen Schutzraum für Zooplankton. Das sind tierische Organismen, die im Wasser freischwebend leben und sich von anderen Organismen ernähren. Das Zooplankton sorgt für klares Wasser und schafft so Lebensraum für andere Organismen, die sonst tief unten im Wasser zu wenig Licht zum Überleben hätten.
Wie läuft das Monitoring der Makrophyten konkret ab?
Da diese Pflanzen oft bis in eine Tiefe von 10, 15 Metern wachsen, kann man sie nicht vom Ufer oder von einem Boot aus erkennen. Deshalb sind wir für das Kartieren auf den Einsatz von Tauchern angewiesen.
Tauchende Pflanzenspezialistinnen und -spezialisten?
Ja, das sind meistens Botaniker oder Biologinnen mit einer speziellen Ausbildung zum Forschungstaucher. Sie müssen festhalten, was unter Wasser wo wächst. Und zudem melden Sie uns auch besondere Beobachtungen wie große Ansammlungen von Muschelschalen oder Blaualgen. Aber auch Auffälligkeiten im Sediment.
Was liefert dieses Monitoring?
Aus dem Zustand der Makrophyten lassen sich Rückschlüsse auf die Situation an ganz spezifischen Orten ziehen. Messgrößen wie die Chemie des Sees oder die Konzentration des Planktons werden zwar häufiger erhoben, allerdings an den tiefsten Stellen. Damit lässt sich nichts über die Situation am Ufer aussagen. 15 Prozent der Fläche des Bodensees sind aber solche Flachwasserzonen.
Was genau lässt sich über die Ufer aussagen?
Wir können zum Beispiel aufzeigen, wie groß der Einfluss durch Wassersport ist oder die Belastung durch Nährstoffe. Man sieht auch sehr gut, wie sich Veränderungen bei den Frachten aus seinen Zuflüssen auf den See auswirken.
Mit welchen Veränderungen rechnen Sie bei der laufenden Messkampagne gegenüber der letzten in den Jahren 2013 und 2014?
Die große Frage ist die Wechselwirkung zwischen der invasiven Quagga-Muschel und den Makrophyten. Es ist nicht absehbar, was da geschieht – aber vielleicht ist es auch noch zu früh, um entsprechende Veränderungen zu beobachten.
Christine Schranz leitet das Bodensee-Monitoring im Bereich Makrophyten. (Bild zvg)