Mit ihren Faktenblättern stellt die IGKB der Öffentlichkeit und Fachleuten regelmäßig Informationen über wichtige Gewässerschutzthemen am Bodensee zur Verfügung. Zum Beispiel ist im November 2023 ein aktualisiertes Faktenblatt über die Präsenz von langlebigen, synthetisch hergestellten Industriechemikalien (PFAS) erschienen. Nun liegt ein aktuelles Faktenblatt zur Wasserentnahme aus dem Bodensee vor.
In dieser Publikation gehen die Spezialistinnen und Spezialisten der IGKB der Frage nach, wie relevant die Entnahme von Trinkwasser für die Ökologie des Sees ist. Wasser wird dem Bodensee in erster Linie zur Versorgung der Bevölkerung entnommen – rund fünf Millionen Menschen erhalten so ihr Trinkwasser. Insgesamt 17 Versorger entnehmen dem See Wasser, am stärksten ins Gewicht fällt dabei der Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung (BWV). Auf ihn entfallen drei Viertel der entnommenen Menge. Total beträgt die Summe der mittleren Wasserentnahmen rund 5,4 Kubikmeter pro Sekunde. Das ist in etwa die Hälfte der genehmigten Mengen. Der Einfluss dieser Entnahme auf den Wasserstand des Sees beträgt denn auch nur wenige Zentimeter und ist, wie es im Faktenblatt heißt, «im Vergleich zu den natürlichen Schwankungen von mindestens 100 cm als geringfügig zu beurteilen».
Rhein beeinflusst Wasserstand
Relevant für die Wasserbilanz sind nur jene Entnahmen, die nach dem Konsum in anderen Gewässersysteme abgeleitet werden. Zurzeit betrifft dies eine Wassermenge von rund 4,25 Kubikmeter pro Sekunde. Es sind vor allem die BWV in Sipplingen und die Regionale Wasserversorgung St. Gallen (RWSG), die das gewonnene Wasser teilweise in andere Systeme ableiten. Allerdings gilt es, die Wassermenge, die so aus dem Bodensee verschwindet, in Relation zu setzen zum Wasser, das laufend neu in den See hineinfließt: Rund 200 Zuflüsse versorgen den See mit einer mit einer mittleren rechnerischen Wassermenge von 347,2 Kubikmeter pro Sekunde. Weitaus der bedeutendste unter den Zuflüssen ist, mit einem Anteil von über 60 Prozent, der Alpenrhein. Der einzige Abfluss erfolgt im Gegenzug durch den Seerhein in Konstanz.
Es ist keine einfache Sache, die Wasserbilanz des Bodensees zu berechnen, denn auch Niederschläge und die Verdunstung spielen dafür eine Rolle. Und nicht zu vergessen: Es fließt auch Wasser aus anderen Einzugsgebieten zu. Wasser, das zur Energiegewinnung in Kraftwerke geleitet wird und schließlich im Bodensee endet.
Bedarf an Brauchwasser steigt
Zudem wird dem See auch Brauchwasser für die Landwirtschaft sowie für Industrie und Gewerbe entnommen. Doch verglichen mit den Trinkwasserentnahmen spielt diese Nutzung nur eine untergeordnete Rolle. In Zukunft allerdings dürfte der Bedarf an Brauchwasser als Folge des Klimawandels steigen. Als wäre die Wasserbilanz des Sees nicht komplex genug, wirken sich auf den Wasserpegel noch weitere Umstände aus. Zum Beispiel die saisonale Bewirtschaftung von alpinen Speicherseen zur Energieproduktion. Damit wird ein Teil des Wasserzuflusses vom Frühjahr/Sommer in den Herbst/Winter verlagert.
Aller Komplexität zum Trotz kommt das IGKB-Faktenblatt in seinem Fazit zu klaren Einschätzungen: «Die Wasserentnahmen der Wasserversorger führen zu keinen relevanten negativen Auswirkungen auf den Bodensee.» Hingegen sei die Beeinflussung des Seestandes durch Faktoren wie Wasserkraftnutzung, Wasserpflanzenwachstum am Auslauf Obersee und Klimawandel «als relevant zu beurteilen».
Die Aufbereitungsanlagen Sipplinger Berg gehört zum Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung (BWV). Auf ihn entfallen drei Viertel des dem See entnommenen Trinkwassers. (Bild Bodensee-Wasserversorgung)