Der Bodensee steht bei Wassersportfreunden hoch im Kurs: Über 60’000 Boote sind auf dem See zugelassen. Und allein im größten Wassersportzentrum am See, der Hafenanlage Ultramarin in
Kressborn gibt es 1400 Liegeplätze. Für das Ökosystem des Bodensees bleibt so viel Verkehr nicht ohne Folgen – die große Freizeitboot-Flotte trägt zum Nutzungsdruck bei.
Dafür gibt es verschiedene Gründe: Bei Motorbooten gelangen Abgase und trotz aller Vorsichtsmaßnahmen auch Treibstoffrückstände ins Wasser. Und auch beim Betanken der Boote, sowie durch Schiffsanstrichen und Reinigungsmittel entstehen Emissionen. In stark befahrenen Gebieten werden die Lebewesen im See gestört, die Vegetation der Ufer- und Flachwasserzone leidet, und der Wellengang erodiert die Ufer. Kommt dazu: Diesel- und Benzinmotoren sind lärmig und wirken sich durch ihren CO2-Ausstoß negativ aufs Klima aus.
BSB kaufen elektrische Passagierschiffe
Aus all diesen Gründen drängt sich auch auf dem See eine Mobilitätswende auf. Die Umstellung von Verbrennungs- auf Elektromotoren birgt große Möglichkeiten zur Verbesserung. Nicht zuletzt aus diesen Überlegungen verabschiedet die Internationale Bodenseekonferenz IBK 2019 eine sogenannte E-Charta Bodensee, die auch von der IGKB mitgetragen wird. Die Charta strebt an, bis 2025, „die Potenziale der Elektromobilität zur Erreichung eines nachhaltigen Energie- und Verkehrssystems vorbildlich auszuschöpfen”. Ambitioniertes Ziel ist, die Bodenseeregion bei der E-Mobilität „zum Leuchtturm” zu machen.
Inzwischen zeichnen sich auch auf dem See erste Resultate dieser Strategie ab. So gaben die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) Ende 2020, den Bau von zwei elektrisch betriebenen Passagierschiffen für je 300 Passagiere bekannt. Das erste Schiff soll den Betrieb im Sommer 2022 aufnehmen und im Überlinger See eingesetzt werden.

Noch fehlt die Infrastruktur
Auch an Angeboten für private Schiffskäufer fehlt es nicht – von Hybridmodellen, über reine E-Boote, bis zu Solaryachten. Auch das Umrüsten von Booten mit Verbrennungsmotor auf Elektroantrieb ist möglich. Die Nachfrage hält sich allerdings noch in Grenzen. Allem voran fehlt es in den Bodensee-Häfen an der Infrastruktur für die Mobilitätswende: Noch gibt es keine geeigneten Ladestationen.
Die Bodensee E-Charta nimmt diesen Punkt auf und verspricht, „Hemmnisse für die Elektromobilität” abzubauen und bei der Planung und Umsetzung öffentlicher Ladeinfrastruktur auf „grenzüberschreitende Nutzerfreundlichkeit” zu achten. Um die Mobilitätswende voranzubringen, werden Maßnahmen diskutiert wie Umstiegsprämien oder die Vergabe von Liegeplätzen je nach Motorisierung. Noch scheint der Weg zur flächendeckenden Elektromobilität auf dem Bodensee lang.
Der Konstanzer „Südkurier” spricht von „leiser Zukunftsmusik”. Am zweiten Trägertreffen zur E-Charta im Oktober 2020 allerdings tönte es optimistisch: „E-Mobilität auf dem Bodensee ist möglich und technisch wie wirtschaftlich machbar – schon heute!”, so die Schlusserklärung.

Auch die IGKB glaubt an die E-Mobilität und setzt sich im Rahmen ihrer Aktivitäten für deren Realisierung ein. Bereits in den IGKB-Bodenseerichtlinien 2005 wurde die Forderung verankert, dass die Schadstofffracht aus Schiffsmotoren durch die verstärkte Verwendung von emissionsfreien Motoren zu verringern sei.