Hightech aus der Luft für die Erforschung von Wasserpflanzen

Der „Seespiegel” stellt Menschen vor, die am großangelegten Forschungsprogramm „SeeWandel” beteiligt sind. Die IGKB hat das Projekt mitentwickelt und gefördert. Diese Folge der kleinen Serie zeigt die Arbeit des Landschaftsökologen Gunnar Franke.

Hightech aus der Luft für die Erforschung von Wasserpflanzen

Der „Seespiegel” stellt Menschen vor, die am großangelegten Forschungsprogramm „SeeWandel” beteiligt sind. Die IGKB hat das Projekt mitentwickelt und gefördert. Diese Folge der kleinen Serie zeigt die Arbeit des Landschaftsökologen Gunnar Franke.

Bei Gunnar Franke in der Universität Hohenheim in Stuttgart steht ein Aquarium. Nicht etwa zu Forschungszwecken, sondern zum Vergnügen. Mit den Armleuchteralgen und Laichkräutern, die darin wachsen, hat sich der Forscher „ein bisschen den Bodensee ins Büro geholt”. Dort hat Gunnar Franke in den beiden vergangenen Sommern viel seiner Zeit mit Feldarbeit verbracht. Jetzt aber ist für den Doktoranden die Zeit des Analysierens und Schreibens gekommen.

Daten auszuwerten gibt es jede Menge im „SeeWandel”-Projekt „Resilienzdynamik submerser Makrophyten in der Uferzone des Bodensees”, in dem Gunnar Franke seine Doktorarbeit schreibt. Das Projekt geht bei der Bestandsaufnahme von Wasserpflanzen neue Wege und setzt dabei auf Hightech aus der Luft. Die Methoden der Fernerkundung, die dabei zum Einsatz kommen sind hochkomplex, deshalb die Partnerschaft mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

„Bisher hat noch niemand mit der Kombination all dieses Knowhows gearbeitet.“

Der innovative Ansatz des Projekts: Informationen über die Artenzusammensetzung und Verbreitung der Wasserpflanzen vom Flugzeug aus gewinnen, mittels hochauflösender Hyperspektralkameras und Laserscannern. Möglich ist das, weil jede Pflanzenart das Sonnenlicht anders reflektiert, was ihr gewissermaßen einen optischen Code verleiht. Das ist Forschung an vorderster Front, denn die Farbinformationen werden mit den durch den Laser gewonnen räumlichen Informationen fusioniert, was eine bessere Identifikation der Arten ermöglicht. Gepaart mit Expertenwissen zur Ökologie der einzelnen Arten hat man „ein echt starkes Tool an der Hand”, wie Gunnar Franke sagt. „Im Bereich der Seenforschung hat noch niemand mit der Kombination all dieses Knowhows gearbeitet.”

Aller Technologie zum Trotz ist in diesem „SeeWandel”-Projekt auch Feldarbeit gefragt. Die Forscher haben die Makrophyten in Flachwasserzonen des Bodensees auch mit einen Unterwasserspektrometer gemessen, Tauchbeprobungen durchgeführt, Pflanzen geerntet und sie mit blossem Auge vom Boot aus kartiert. Das ist nötig, um die durch die Fernerkundung erhaltenen Daten zu verifizieren. Es lassen sich so aber auch ganz direkte Informationen über den Zustand des Sees gewinnen. Besonders gefreut hat Gunnar Franke, dass Armleuchteralgen und Laichkräuter heute wieder bis in eine Tiefe von 14 Meter vorkommen, in den 1980er Jahren lag die Verbreitungsgrenze bei 6 Metern. „In diesen Tiefen Wasserpflanzen zu finden, ist großartig”, sagt der Doktorand, „das ist ein sehr positives Zeichen für den Zustand des Sees.” Die Makrophyten sind für das ökologische Gleichgewicht eines Sees von großer Bedeutung, unter anderem bieten die Wasserpflanzenwälder Tierarten wie Fischen, Wasserschnecken und Flohkrebsarten sowie Insektenlarven Lebensraum.

„Wenn man still beobachtet, entdeckt man unter Wasser ganze Welten.“

Ein Ziel des Projekts ist der Vergleich mit früheren Erhebungen zur Verbreitung von Makrophyten. Die Veränderungen zeigen, ob sich das Ökosystem in Flachwasserbereichen nach Störungen erholt und wie diese Reaktionsmuster ablaufen.

Die zweite Stoßrichtung des Forschungsvorhabens: Eine automatisierte fernerkundliche Methode zur Klassifizierung und Kartierung von Wasserpflanzen entwickeln. So eine Methode könnte unter anderem zu Monitoringzwecken oder für das Seemanagement eingesetzt werden. Wenn alles nach Plan läuft. „Das ist Pionierarbeit”, gibt Gunnar Franke zu bedenken, „da besteht auch immer die Möglichkeit, nicht alle Ziele zu erreichen – doch bis jetzt bin ich guter Dinge.”

Die Faszination des „SeeWandel”-Forschers für Wasserpflanzen geht übrigens weit zurück – auf seine Kindheit in Leipzig, als er begeistert in Baggerseen tauchte. Heute führt Gunnar Franke
seine eigenen Kinder ins Schnorcheln ein – und kommt dabei selbst nicht aus dem Staunen heraus: „Wenn man still beobachtet, entdeckt man unter Wasser ganze Welten, und das mit einfachsten Mitteln.”

Weitere Artikel

Dem Phytoplankton geht es gut

Die Großen fressen die Kleinen. So lässt sich die Nahrungskette im Bodensee vereinfacht beschreiben. Am Anfang steht das Phytoplankton, der wichtigste sogenannte Primärproduzent, von dem sich das Zooplankton ernährt.

Mehr lesen

Stichling verdrängt Felchen

Den Felchen im Bodensee geht es nicht gut. Seit Jahren verfangen sich immer weniger dieser schmackhaften Fische in den Netzen der
Berufsfischer. Schuld daran sind nicht zuletzt die Stichlinge.

Mehr lesen

Quagga-Muschel beeinflusst See

Taucher haben die Quagga-Muschel zum ersten Mal 2016 im Bodensee entdeckt. Seit diesem Fund bei Wallhausen im Überlinger See hat sich die ursprünglich aus dem Schwarzmeergebiet stammende Muschel massiv ausgebreitet.

Mehr lesen