Sie kommt von der Forschung nicht mehr los. Zuerst studierte Josephine Alexander Biologie in Marburg, dann doktorierte sie an der Universität Zürich – Titel ihrer Doktorarbeit: «Folgen des Biodiversitätsverlusts für das Funktionieren von Ökosystemen» -, und schließlich arbeitete sie in verschiedenen Institutionen als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Unter anderem als Forscherin und im Management verschiedener experimenteller Forstplantagen. Heute ist die Mutter zweier Kinder Koordinatorin von SeeWandel. Eine Teilzeitanstellung, die sich gut mit ihren Familienpflichten vereinbaren lässt. Und ebenso wichtig: Josephine Alexander arbeitet weiterhin am Puls der Forschung. «Ich finde diese Aufgabe unheimlich spannend», sagt sie, «da ich meine Kenntnisse aus meiner bisherigen Biodiversitätsforschung im aquatischen Kontext anwenden kann.»
«Ich mag die Interaktion mit ganz unterschiedlichen Menschen.»
Was Josephine Alexander an ihrer Arbeit als Projektkoordinatorin auch gefällt, sie hält nicht nur die interdisziplinären Fäden von 13 an 7 Forschungsinstituten angesiedelten Teilprojekten zusammen. Sie schlägt auch Brücken von der Forschung in die Praxis und ist für die Öffentlichkeitsarbeit von SeeWandel zuständig. In dieser Funktion war sie zum Beispiel im vergangenen Herbst häufig am Stand von SeeWandel an der Landesgartenschau Überlingen anzutreffen, wo sie das Gespräch mit Besucherinnen und Besuchern suchte. «Ich mag die Interaktion mit Menschen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund», betont sie.
Vor allem aber schätzt die Biologin an ihrer Aufgabe den permanenten Austausch zwischen Forschung und Praxis. Sie spricht gar von «Live-Wissenstransfer». Will heißen, im Gegensatz zu anderen Forschungsprogrammen, wo Resultate erst ganz am Schluss aufbereitet und Außenstehenden zugänglich gemacht werden, ist das Gespräch mit der Praxis einer der Pfeiler von SeeWandel. Den Dialog mit verschiedenen Anspruchsgruppen sieht Josephine Alexander als «große Chance für den Bodensee als Ökosystem» – und als Herausforderung. Zwar sitze man am selben Tisch, verstehe aber unter manchen Begriffen zum Teil Unterschiedliches. Was zum Beispiel mit Resilienz gemeint sei, variierte zu Beginn der Diskussionen stark.
Für die Praxis relevante Forschungsergebnisse von SeeWandel werden unter anderem in Faktenblättern und Fachartikeln zugänglich gemacht, die in enger Zusammenarbeit zwischen Projektkoordination und Praxis entwickelt werden. Bisher erschienen sind solche «Praxisprodukte» zu den Themen Burgunderblutalge, Quaggamuschel, Bodenseefische und Wasserpflanzen. Auch wurden moderne Methoden, wie das Metabarcoding, erklärt und evaluiert.
Apropos Quaggamuschel: Die Erforschung dieser invasiven Art wurde erst ganz am Schluss ins SeeWandel-Programm aufgenommen. Das mag aus heutiger Sicht erstaunen. Doch dass die Muschel innerhalb weniger Jahre zu einem der bedeutendsten Treiber für die Veränderungen im Bodensee werden sollte, konnte bei der Ausarbeitung des Forschungsprogramms niemand ahnen.
«Ich habe viel über das Zusammenspiel verschiedener Akteure gelernt.»
Nun nähert sich SeeWandel dem Ende, nächstes Jahr wird das Projekt abgeschlossen. Bis dann bleibt für die Koordinatorin noch viel zu tun. Josephine Alexander ist unter anderem am Schreiben des Syntheseberichts beteiligt und plant die große Schlussveranstaltung im Juni 2023. Dabei soll noch einmal der Wissenstransfer im Vordergrund stehen. Die im Projekt gewonnen Erkenntnisse zur Zukunft des Bodensees sollen möglichst vielen Zielgruppen vorgestellt werden – nicht zuletzt Politikerinnen und Politikern. Nun gilt es auch, Entscheidungstragende anzusprechen. Eingeladen werden unter anderem Regierungsräte und Ministerinnen. Denn, so sagt die SeeWandel-Koordinatorin: «Wir Forschenden können zwar unsere Erkenntnisse kommunizieren, einen Blick in die Zukunft wagen und Empfehlungen für das Management des Bodensees abgeben, wie sie umgesetzt werden, liegt jedoch nicht in unserer Hand.»
Und wie geht es für Josephine Alexander, die seit 2018 zum Leitungsteam des Projekts zählte, nach dem Schlussspurt bei SeeWandel persönlich weiter? «Ich habe unheimlich viel über das Zusammenspiel verschiedener Akteure gelernt. Dieses Wissen möchte ich auch an einer nächsten Arbeitsstelle einbringen.» Doch konkrete Pläne hat die Biologin noch nicht. Anzunehmen aber ist, dass sie auch künftig von der Forschung nicht loskommt. Genau so wenig wie vom Brücken bauen zwischen Wissenschaft, Praxis und Bevölkerung.